Andrey Gradetchliev
»Schrittweise«28. Februar 2008 - 10. April 2008 / MO. BIS FR. 8 - 17 UHR
Künstler
Andrey Gradetchliev hat die Zeichnung zu seiner wichtigsten künstlerisches Ausdrucksform gewählt. Sie ist das Medium, das die spontanste und direkte Verbindung zwischen Eingebung und Ausführung, zwischen Idee und Realisierung erlaubt. Er nutzt es, um Menschen zu studieren, ihre Posen zu analysieren, Befindlichkeiten zu typisieren. Damit schafft er ein wundersames und wunderbares Panoptikum und hält uns als Zeitgenossen auch einen Spiegel vor. In einer seiner Serien reiht er Figuren als Sitzende frontal auf, wie Publikum, das uns wortlos zusieht und zu Akteuren auf einer Bühne macht. Ein andermal lässt er sie in meterlang sich fortsetzenden Bildern exakt auf Linie marschieren, studiert sie beim Tanzen, lässt sich auch als Akte nebeneinander posieren, setzt ihnen in frecher Anspielung einen Vogel auf den Kopf. Seine Pointierungen treibt er gern bis an die Grenze der Karikatur. In souveräner Beherrschung der akademischen Techniken und Stilmittel kann der Künstler Volumen, Körper, Licht und Schatten in Schwarz-Weiß-Manier mit feinsten Schraffuren und Linienführungen schaffen. Doch sein wahres Temperament zeigt er in Bildern, in denen er seine Zeichnung in leuchtende Farbflächen einbettet, seine freien und reduzierenden Pinselschwünge und Federstriche übereinander setzt und so wahrlich Hintergründiges schafft: Chiffren, Figuren, Porträts scheinen im Umriss auf, wie Fragmente einer früheren Erzählung, verschmelzen mit dem Hauptmotiv und bringen den Verlauf von Zeit ins Spiel.
Dass Gradetchliev, der seit einigen Jahren in Oldenburg lebt, als Zeichner seine Ausdrucksmittel kritisch auslotet, zeigen seine großformatigen schwarz-weißen Leinwandbilder. In ihnen dehnt er den leichten Schwung und die bewegten Binnenschraffuren der schnellen Handzeichnung ins Riesenformat, indem er eine kleine Handzeichnung einscannt und im Computerdruck vergrößert: Der Verfremdungseffekt durch die Monumentalisierung bringt eine subtil veränderte Ästhetik ins Spiel und spielt auf ganz besondere Weise auf das Verhältnis von Original und Reproduktion an.
Vita
- 1967 in Sofia, Bulgarien geboren
- 1988-94 Studium an der Akademie für Bildende Kunst Sofia, Illustration und Buchgestaltung
- 1994 Diplom
- 1994-96 Grafiker u. a. beim "Stadttheater hinter dem Kanal" Sofia und bei der Wochenzeitung "Kultura", Sofia
- 1996 Stipendiat des DAAD im Atelierhaus Worpswede
- 1993 Arbeitsstipendium der Stiftung Kulturfonds Berlin für das Projekt Citywalks
- 1997-02 Leiter des Malersaals im Städtebundtheater Hof
- seit 2003 freischaffend in Oldenburg als Zeichner, Grafiker und Illustrator