BETTINA SCHÜNEMANN macht sich ihr eigenes Bild von der Welt. Dafür überzieht sie zum Beispiel ausgediente Schullandkarten mit Farbauftrag und freien malerischen Formationen – von konzentrischen Kreisen, die seismischen Wellen gleichen, bis zu einem geschlossen System aus Strahlen und Zielpunkten, die technische Kälte über die scheinbar vertrauten Welthälften legen. Den Karto- graphenblick auf Meere und Kontinente lädt sie so mit eigener Welthaltigkeit und Symbolik auf. Und so rückt sie künstlerisch auch dem Ideal der allvernetzten globalisierten Welt zu Leibe. Aus geopolitischen werden metaphorische Räume, in denen es um Lebens- und Sinnzusammenhänge geht. Auch um die Frage, ob uns die immer subtileren Kommunikationssysteme frei machen oder alle und alles einschnüren.

Schünemann, die aus Elisabethfehn stammt und heute in Gotha lebt und arbeitet, treibt ihre ästhetische Welterkundung in unter- schiedlichen Werkgruppen voran. In der Aquarell-Serie „endless“ imaginieren ornamental verschlungene Farblinien einen unergründ- lichen Raum. Aktuelle Bild-Collagen zum Motiv der Straße übersetzen flüchtige Eindrücke von Landschafts- und Stadttrassen in geometrische Ordnung und Farbstruktur und assoziieren die Empfindung des Unterwegsseins, des Unbehaustseins.
Mit der Reduktion des malerischen Motivs auf die Kreisform berühren die „Circulations“ und „Tondi“ auf andere Weise universale Themen wie Verdichtung und Konzentration, Leben und Vollkommenheit, Wiederkehr der Jahresläufe, Räderwerk der Geschichte. Den streng konzentrischen Farbauftrag steuert die Künstlerin durch eine drehscheibenartige Mechanik. Mit oft überraschenden Farbklängen schafft sie Projektionsflächen für den Betrachter -deutet sich doch in feinsten Binnenstrukturen und Einschließungen auch Bewegung hinter dem Sichtbaren an. Was in der radikalen Farb- und Formklarheit wie eine Referenz an konstruktives geometrisches Gestalten wirkt, lässt in der Nahsicht Stimmungen und Emotionen sichtbar werden, ein Miteinander von Kontemplation und Aufruhr.

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