Marina Schulze

»Sieh es doch einmal so«

19. April 2007 - 1. Juni 2007 / MO. BIS FR. 8 - 17 UHR

Künstlerin

Marina Schulze malt Gegenständliches. Damit macht sie es dem Betrachter aber nicht etwa leicht. Er muss feststellen, dass er die Dinge so nicht kennt. Eine wässrig schillernde Landschaft mit braun-blasigen Erhebungen ist eingerührtes Kakaopulver, gesehen mit dem mikroskopischen Blick der Künstlerin. Eine meeresbodenartige Ebene, übersät mit organischen Auswellungen und körnigen Unebenheiten ist Detailausschnitt aus einer Wand mit Rauhfasertapete, ins Überdimensionale vergrößert.

Oberflächen sind das Thema der 33-jährigen Künstlerin, die Meisterschülerin von Karin Kneffel war und große Aufmerksamkeit für ihre Arbeiten verbuchen kann. Ihr künstlerisches Programm geht an die Substanz, im doppelten Sinn. Sie sucht über das Äußere das Innere, das Wesentliche, das, was hinter der Hülle liegt. Der Betrachter muss dabei eine Art Drama des Sehens mitspielen. Er sieht etwa Hautflächen, nackte Arme oder Waden, dem Abtasten durch die Augen ausgeliefert, jedes Äderchen oder Leberfleck ist nüchtern registriert als Normalität des Schönen und Enthüllung des Verborgenen. Solche Ansichten bestürzen und aktivieren Emotionen. Das will die Malerin auch, wenn sie zum Beispiel das höchst gewöhnliche Modeaccessoire des Netzstrumpfes benutzt, um in Großaufnahme ein Kapitel Kulturgeschichte zu decodieren. Ob sich über grobe Haut im Ausschnitt ein ornamentales Netz-Muster spannt oder gar zwei Frauenbeine ganz kompakt in blauviolett schillernde Strümpfe verpackt sind - die Mischung aus Erotik und Ernüchterung ist kalkuliert. Ebenso das Erstaunen, dass die Bilder, die aus der Ferne frappierende plastische Deutlichkeit besitzen, sich aus der Nähe in pure malerische Struktur auflösen.
R-M